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Was hat mein Handy mit dem Regenwald zu tun?

Was hat mein Handy mit dem Regenwald zu tun?

Jedes Mal erwarte ich mit Spannung die nächste Entwicklerkonferenz mit dem angebissenen Apfel im Logo. Schließlich werden von hier aus Standards für die ganze Branche gesetzt. Aber jedes Jahr etwas Neues? Natürlich nicht! Doch das Handy macht schlapp.

 

Seitdem Steve Jobs am 9. Januar 2007 das erste Modell eines Smartphones vorgestellt hat, entwickelte sich ein Hype um die neuesten Handymodelle, der selbst Experten sprachlos machte. Mich sowieso. Sich schon Tage vorher mit Schlafsäcken ausgerüstet anzustellen, um der Erste zu sein, mit dem neuesten Scheiß in der Hand. Sorry, das wollte mir nie so ganz in den Kopf.

 

Mein Handy ist jetzt vier Jahre alt, die Batterie hält keinen Tag lang mehr durch. Klar, könnte sie ersetzt werden. Aber so wirklich up to date ist mein Modell nicht mehr. Vor allem unsere AR-Stories wollen nicht immer so laufen, wie ich das will. Also los. Ein neues Smartphone muss her. Auch wenn es mittlerweile ja schon fast den Preis eines Laptops erreichen kann. Krass!

Die Auswahl ist ja inzwischen riesig. Alle scheinen sich in technologischer Hinsicht zu überschlagen. 6 Zoll Minimum Bildschirm, 128 GB sollten es dann schon durchaus sein und auch eine Triple-Kamera mit 8K-Video.

 

Aber was kostet uns diese Kommunikationsgeräte eigentlich wirklich? Ich meine hier nicht den Euro-Betrag, der bald mein Konto belasten wird. Sondern:

 

Was kosten unsere Handys die Umwelt?

 

Weltweit wurden 2019 1,37 Milliarden Smartphones verkauft. In diesem Jahr rechnen die Statistiker damit, dass in Deutschland 22,1 Millionen Handys sein werden. Bei 63,2 Millionen Menschen über 18 Jahre heißt das, dass jeder dritte sich jedes Jahr ein neues Handy zulegt. Statistisch betrachtet. Da ist die Oma und der Opa vielleicht nicht unbedingt so dabei und immerhin sind gut 18,1 Millionen älter als 65. Wenn wir die abziehen, dann legt sich schon fast jeder zweite ein neues Handy jedes Jahr zu. Das ist nicht wenig.

 

Aber – die gute Nachricht: In den letzten drei Jahren sind die Zahlen stabil geblieben. Es gibt also seit drei Jahren keine Steigerungen mehr beim Verkauf von Handys. 2015 hatten wir die Spitze mit 26,2 Millionen verkauften Handys erreicht. Gut so. Trotzdem kein Grund zum Jubeln.

 

Handyverkauf in Deutschland – Statista

 

Denn in jedem dieser kleinen mobilen Computer stecken wertvolle Rohstoffe. Dazu gehören Metalle wie Eisen, Kupfer, Aluminium, Nickel, Zink und Gold – und die sogenannten “seltenen Erden”.

Die werden hauptsächlich in China abgebaut und sind eigentlich gar nicht so selten. Es sind vor allem Metalle, die relativ weich sind und nur sehr selten bzw. minimal eingesetzt werden. Ähnlich wie Safran oder Vanille, die beim Kochen oder Backen nur sehr sparsam verwendet werden.

 

Trotzdem gibt es ein riesiges Problem für unsere Umwelt. Denn die Gewinnung der Metalle ist häufig mit schwerwiegenden Eingriffen in die Natur verbunden. Ein Beispiel: Gold.

 

Die Zerstörung von Regenwald

 

Gold verursacht im Vergleich zu Stahl, das vor allem Eisen enthält, ein Vielfaches an Treibhausgas-Emissionen. Und es wird teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen.

Noch immer wird unter Zuhilfenahme von Quecksilber oder Zyanid das Gold in den Minen abgebaut. Die Böden und das Grundwasser sind für lange Zeit verseucht – auch nach der Stilllegung einer Goldmine, wenn diese dann ausgebeutet ist. Nicht nur, dass wertvoller Regenwald weichen musste. Zusätzlich gibt das zyanid behandelte Gestein selbst viele Jahrzehnte später noch giftige Schwefelsäuren ab. Ein wichtiger Lebensraum ist für lange Zeit vollkommen zerstört.

Zudem wird für den Goldabbau unglaublich viel Wasser verbraucht: durchschnittlich 140.000 Liter Wasser pro Stunde! Das entspricht dem Jahreswasserverbrauch eines Drei-Personen-Haushalts in Deutschland. Das kontaminierte Wasser wird zwar in Auffangbecken mit Dichtungsfolie gesammelt und zum Teil wieder aufbereitet. Doch starke Regenfälle bringen Dämme immer wieder zum Bersten. Oder auch kleinste Löcher in der Folie sind ein große Gefahr für die Umwelt.

 

Chinas Monopol – Seltene Erden

 

Neben Gold werden seltene Erden wie Indium und Tantal in unseren Handys verbaut. Zwar treten diese Stoffe weltweit auf, jedoch ist der Abbau nicht überall wirtschaftlich. Die Konzentration im Gestein muss hoch sein, damit sich der Abbau lohnt. Für Länder mit hohen Sozial- und Umweltstandards ist es schwierig, die Kosten so günstig wie möglich zu halten. In China nimmt man das aber nicht so genau. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch also, dass Hersteller, die diese Rohstoffe aus China verwerten, die Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in Kauf nehmen.

 

Was bedeutet diese Monopolstellung politisch für uns?

 

Während Deutschland mit rund 1,6 Prozent nur einen unbedeutenden Anteil des Absatzmarktes ausmacht, kommt rund die Hälfte der seltenen Erden aus China. Das ermöglicht China, politischen Druck auszuüben. Ein Exportstopp hätte für Deutschland enorme Folgen, wäre für China jedoch nahezu bedeutungslos.

Genau das ist 2010 in Japan passiert. Japan ist mit rund 45,2 Prozent der größte Abnehmer der chinesischen Rohstoffe. Im Streit um die Inseln im Ostchinesischen Meer, hat China kurzerhand die Lieferung der seltenen Erden eingestellt und somit politische Macht ausgeübt.

 

Die Handyindustrie weltweit ist also abhängig vom Monopol Chinas. Und das hat nicht nur Folgen für die Umwelt, sondern verschafft China eine besonders machtvolle politische Stellung. Länder wie Deutschland, Japan und die USA könnten also zum Spielball chinesischer Politik werde – als Ass im Ärmel kann China die seltenen Erden einsetzen.

 

Jedes Jahr ein neues Gerät… dass kann als nicht gesund sein. Das wurde offenbar auch dem Hersteller meines Handys bewusst und bietet mir an, dass er mein Handy zurück kauft für ein neues Gerät.

 

Was ist die Alternative?

 

Am besten ist es natürlich, dein Smartphone so lange wie möglich zu nutzen. Insofern habe ich bis dahingehend alles richtig gemacht. Doch jetzt muss ein neues Handy her. Und das am besten nachhaltig produziert oder gebraucht,

 

  • Nachhaltige Smartphones

 

Einer der wenigen Hersteller dieser nachhaltigen Handys sind das niederländische Fairphone und das hessische SHIFTphone. Während sich Fairphone selbst als “das nachhaltigste Handy der Welt” bezeichnet, soll auch bei Shiftphone der Name Programm sein. SHIFT=Veränderung

Nachhaltige Handy

Beide Unternehmen versprechen die Langlebigkeit und einfache Reparatur ihrer Geräte. Fairphone recycelt Plastik, Shiftphone setzt auf eine plastikfreie Verpackung. Die Lieferketten lassen sich auf den Webseiten von Fairphone und SHIFTphone nachvollziehen. Trotz Herstellung in China seien die Arbeitsbedingungen nach eigenen Angaben besser, als die der Konkurrenten. Unter anderem sollen die im Ausland vertretenen Mitarbeiter Boni und verhältnismäßig hohe Gehälter erhalten.

Mit 439€ für das neueste Fairphone und 799€ für das neueste SHIFTphone sind die Preise vergleichbar, teilweise sogar günstiger als die der Konkurrenten.

 

Trotzdem kenne ich kaum jemanden, der ein nachhaltiges Smartphone besitzt. Das könnte unter anderem am fehlenden Bewusstsein über die Missstände in der Handyproduktion liegen.

 

  • Gebrauchte Geräte

 

Um noch weniger Materialien zu verbrauchen, bietet es sich an, ein gebrauchtes Smartphone zu kaufen. Viele Online Anbieter verkaufen solche gebrauchte Geräte.

 

Zu den bekanntesten Händlern gehören unter anderem asgoodasnew, clevertronics und reBuy  & Co.. Außerdem versprechen Unternehmen wie refurbed pro Kauf einen Baum zu pflanzen und unterstützen weitere nachhaltige Projekte.

 

Um deinen CO2 Fußabdruck noch geringer zu halten, kannst du dich jedoch auch anders um ein neues altes Gerät kümmern. Schließlich muss das Handy irgendwie zu dir nach Hause kommen und die Lieferung geht auf Kosten der Umwelt. Hör dich mal in der Schule, auf der Arbeit oder bei deinen Freunden um. Vielleicht hat jemand ein gebrauchtes Smartphone zu verkaufen.

 

Und wenn du schonmal dabei bist – wie sieht es mit deinen Daten aus? Das Speichern unnötiger Daten verursacht ungefähr 5,8 Millionen Tonnen CO2 jährlich. Trenn dich von deinem #geliebterDatenmüll. Mehr dazu findest du in unserem Artikel Bist du auch ein Daten-Messie?.

Fazit

 

In den letzten Jahre haben sich also schon ein paar Möglichkeiten aufgetan. Akkus halten länger, Rohstoffe werden zum Teil recycelt und immer mehr Hersteller legen ihre Lieferketten offen! So können wir nachvollziehen, wo und unter welchen Umständen unser geliebtes Telefon produziert wird. Auch das Lieferketten-Gesetz könnte uns da weiterbringen.

 

Ich habe jetzt also einige Optionen. Zuerst werde ich mein Handy auf jeden Fall an meinen Kult-Hersteller zurückverkaufen. Der hat zumindest verstanden, dass so die Rohstoffe recycelt und in einem neuen Gerät wiederverwertet werden können.

Außerdem höre ich mich mal in meinem Umfeld um. Vielleicht hat ja jemand gerade ein gebrauchtes Smartphone zu verkaufen, das wäre natürlich am praktischsten. So müsste ich vielleicht ja nicht mal auf das Logo mit dem angebissenen Apfel verzichten. Oder ich schaue mir die nachhaltig gefertigten Alternativen an. Hier kann ich immerhin nachvollziehen, was das Smartphone die Umwelt kostet.

 

 

Deine Marie von FUTURE LEAF

 

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*Unsere AR Story produziert natürlich auch CO2. Deshalb wird unsere AR-Story nicht direkt auf deinem Handy gespeichert. Wir stellen die AR-Story ausschließlich mit erneuerbarer Energien her und hosten die AR-Geschichte und die Plattform FUTURE LEAF.space auf einem Server, der nur Strom aus erneuerbarer Energie verwendet.

 

Wir arbeiten täglich daran, unseren CO2 Verbrauch zu senken. Mehr dazu auf https://futureleaf.space/about-future-leaf/

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